Punkrock Heartland von Andi Lirium

Die fremde Welt, in die ich dank dieser Graphic Novel namens „Punkrock Heartland“ des Autoren Andi Lirium eintauche, ist wie der Name schon sagt, in die Welt der Punks. Genauer gesagt: in die Welt der Hamburger Punkszene der 90er Jahre und Anfang des 21.Jahrhunderts. Doch bevor ich mehr darüber berichte, vielleicht ein paar Worte zur Gattung Graphic Novel, denn es ist die erste, die ich bespreche.
Zunächst einmal ist der Begriff Graphic Novel sehr vage und wird unterschiedlich benutzt. In der Regel bezeichnen Graphic Novels eine Art von Comic, die eher für erwachsene Leser gedacht sind. Meist werden damit Bände gemeint, in denen die Geschichte eher länger, komplexer, ja, epischer als in normalen Comics ausfallen. Ursprünglich führte der große Will Eisner diesen Begriff ein, und zwar bereits in den Siebzigern, als er vier seiner Kurzgeschichten illustrierte und in einem Buch namens „A contract with God“ herausbrachte. Im Vorwort nannte er sein Werk „Graphic Novel“. Übrigens konnte man die Originalzeichnungen in 2009 im Jüdischen Museum in der Ausstellung „Superhelden des Alltags” betrachten, in der es um die Geschichte des Comics aus jüdischer Perspektive ging.
Seine erste Graphic Novel hat nun Andi Lirium im Männerschwarm Verlag herausgebracht. Andi Lirium wurde 1981 in Hamburg geboren und war seitdem er ein Heft durchblättern konnte von Comics fasziniert. Bereits mit dreizehn Jahren begann er selbst Geschichten zu zeichnen. Im Herbst 2009 schloss er sein Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg erfolgreich ab. Und erfolgreich meint hier auch, dass er technisch betrachtet sehr gute Arbeit geleistet hat. In Punkrock Heartland zeigt er sein zeichnerisches Können, sein Auge für Details. Er kann mit seiner Farbwahl und mit seinem Strich überzeugen, die Atmosphäre des ruppigen Lebens als militanter Punker gut rüberbringen. Damit kann er über die Schwächen der Geschichte hinwegtäuschen.
Doch um was geht es in dieser Graphic Novel? Die Hauptperson ist Bastian, genannt Bass, der in seinen besten Freund Zottel verliebt. Letzterer ist für ihn der schönste Mann der Welt. Zu dem Zeitpunkt sind sie fünfzehn – Bass, und neunzehn – Zottel. Gemeinsam mit Heike, der Freundin von Zottel, möchten sie nach Skandinavien fahren. Doch das Mädchen zickt herum, möchte ihr Auto nicht bereitstellen, möchte alleine mit Zottel fahren. Letztendlich führt das allerdings dazu, dass die beiden Jungs ohne sie fahren, mit dem Motorrad. Sie verbringen eine sehr schöne gemeinsame Zeit miteinander, und auch das Kuscheln und vor allem Sex gehören dazu. Doch als sie nach Hamburg zurückkehren, möchte Zottel nichts mehr davon wissen und kehrt zu seiner Freundin zurück. Daraufhin rastet Bass aus und lässt seinen Frust an Neonazis aus. Leider übertreibt er ein bisschen dabei und landet für 5 Jahre im Strafvollzug. Dort lernt er den Spätaussiedler Jannik kennen und lieben. Als er wieder in Freiheit ist, trifft er im Supermarkt sofort auf Zottel, der mittlerweile mit Heike verheiratet ist, und gerade Vater des zweiten Kindes wird. Er hat gerade Krach mit seiner Frau und muss sich um die Tochter kümmern. Die beiden Männer landen im Bett und natürlich platzt nicht nur das Kind dabei herein, sondern auch Heike, die natürlich ausflippt. Bei Zottel gibt es nun wieder ein Hin und Her, und dementsprechend auch bei Bass. Möchte er nach wie vor mit dem schönsten Mann der Welt zusammen sein? Oder lieber mit dem süßesten Mann der Welt, seinem Knastgefährten Jannik, sein Leben verbringen?
Die Geschichte ist ein bisschen zu Klischee, zu viele bekannte Bilder werden aneinandergereiht, keine Überraschung kommt auf. Selbst die gut eingesetzten Rückblenden retten die Geschichte nicht wirklich. Aber, um es erneut zu erwähnen: Die Zeichnungen sind so gut, so spannend, machen so viel Spaß, dass sich das Lesen trotzdem mehr als lohnt. Und die Zuordnung zu den Sprechblasen zu finden, ist manchmal auch nicht gerade einfach, eher wie ein Rätsel, eine Logik-Übung.
Punkrock Heartland von Andi Lirium umfasst 176 Seiten in Klappenbroschur im Format 24 x 17 cm, kostet 18 Euro und ist im Männerschwarm Verlag erschienen.

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