Fortsetzungsroman: Moody Blue 20

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Daheim musste ich unbedingt eine griechische Kassette als Einschlafmusik einlegen. Jetzt kommt mein Lieblingslied, sagte ich nach einer Weile, Alejandro schien es nicht gehört zu haben, und kurze Zeit später nickte auch ich ein, ich war so müde gewesen, dass ich selbst mit meinem Schätzchen neben mir gut schlief. Vielleicht schaffte ich es irgendwann, endlich jederzeit gut neben ihm zu schlafen. Am nächsten Morgen oder vielmehr Mittag weckte er mich, in dem er den Kassettenrecorder laut aufdrehte. Was singt sie? fragte er. Es ist ein sehr langes Lied, mit viel Improvisation, die Sängerin freestyled fast schon, es beginnt mit: Μωρε μ´ εχασα μαντιλι, εχασα μαντιλι, μωρε με κατω ϕλορια...; Mensch, ich habe mein Kopftuch, mein Kopftuch verloren, Mensch, mit hundert Pfennigen drin... An meiner Lieblingsstelle heißt es:
Μωρε, για παρε με, για παρε με,
στην αγκαλια σου βαλε με,
και οτι θελεις κανε με.

Mensch, nimm mich, nimm mich,
in deine Arme nehme mich,
und mache, was du willst, mit mir.

Oh, wie schön, sagte er. Mach dich nicht lustig! ermahnte ich ihn. Na ja, die Griechen haben sehr kluge, einfallsreiche Texte, meinte er. Auf den Text kommt es nicht an, um die Emotionen, die die Sängerin wachruft, geht es. Gefühl ist wichtig, die Liebe ist wichtig. Sing es nur! sagte er. Und ich sang vom verlorenen Kopftuch und von der Liebe und von den enttäuschten Gefühlen von zwei Schwestern, die keiner zur Frau nehmen wollte. Alejandro lächelte. Ich liebe dich, rief er, weil du der süßeste Mensch bist, den ich kenne. Ich küsste ihn. Dann fing ich an, auf die griechische Musik zu tanzen. Du bist verrückt, lachte er. Mach mit, forderte ich ihn auf. Wir tanzten ausgelassen auf griechische Weise. Jalla. Και οτι θελεις κανε με. Mach, was du willst, mit mir. 
Den Literatur-Nobelpreis bekäme ich, wenn ich die griechische Musik, den Rhythmus, die Höhen und Tiefen der Klarinette und Violine und der menschlichen Stimme auf das Papier brächte, wenn ich die musikalische Vollkommenheit, die Ekstase, in Sprache umsetzen könnte. Und selbst wenn ich keinen Nobelpreis bekäme, mein Leben würde auf diese Weise glücklich, zufrieden und erhaben enden. Jalla. Bis dann tanze ich, singe ich; ich singe: Μωρε, για παρε με, για παρε με, στην αγκαλια σου βαλε με, και οτι θελεις κανε με. Ich liebe meinen Freund. Er liebt mich. Alles ist schön. Was sind wir für ein tolles Paar, sagte er. Sind wir, bestätigte ich. 


Fünf

Oye mi canto

Creo en el amor pero sin condiciones
(Oye mi canto)
y en ayurdanos sin tener otras razones
Oye mi canto
Los celos y el odio so ya tradiciones
Oye mi canto
Hay que dejarlas atras
No buscar explicaciones

(Gloria Estefan)

Wir tanzten weiter, diesmal hörten wir dabei Gloria Estefans „Oye mi canto“. Ich hatte die lateinamerikanische Seele meines Freundes geweckt, der nach Wunsch seines Vaters Alexander heißt, seine Mutter hatte ihn Alejandro nennen wollen, sich aber nicht durchsetzen können. Achtzehn Jahre später hob ich diese Dummheit auf, gab ihm seinen brasilianischen Namen. Sein Vater verbot zuhause seiner Frau Portugiesisch mit den Kindern zu sprechen. Leider bin ich selbst nicht viel kompetenter, ich versuchte beim zweiten Mal einen Teil des Lie-des simultan zu übersetzen. Erfolgreich? Keine Ahnung, ich spreche kein Spanisch, hatte es lediglich einmal probiert zu lernen, damals in der ersten Hälfte des zehnten Schuljahres. Alejandro zumindest hatte durch mich seine Liebe zu Lateinamerika entdeckt, begann für diese Klänge zu schwärmen, mochte Gloria Estefan, Ricky Martin, Marc Anthony und Jennifer Lopez. 

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