Fortsetzungsroman: Moody Blue 30


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Hör zu, Apostoli, sagte er, was sie für eine Geschichte hat, will ich nicht  wissen, ich will sie einfach nur lieben - solange sie mich liebt, ist mir alles andere egal. Und ich Hornochse machte mich lustig über ihn, indem ich ein Lied sang: I don´t care who you are... as long as you love me. Er lachte, ging auf die Verhöhnung nicht ein. Es war ihm egal. Ich sagte, ihre Geschichte gehört doch zu ihr, du kannst sie doch nicht ausklammern, ihre Geschichte macht sie zu dem Menschen, der sie ist, wie kannst du sie lieben, ohne sie zu kennen, kennen zu wollen? Liebst du sie wirklich oder begehrst du sie? Kann man überhaupt von Liebe sprechen nach so kurzer Zeit? Verliebt sein, ja! Aber Liebe?!
Während ich so sprach, rannte er aus dem Zimmer hinaus, die Treppe hinunter, ich schrie ihm hinterher: sie ist gefährlich, pass auf dich auf; ich hörte die Tür zufallen. Scheiße, jetzt hatte ich ihn wieder nicht über die Baggersee-Party befragt! Ich rannte ihm schnell hinterher, stolperte mich auf der Treppe fast zu Tode, rannte wie ein Bekloppter über die Straße, rief ihm hinterher: Bleib doch stehen! Er machte es, schaute mich an, sagte mit ernster Miene: ich liebe sie. Sie ist aber gefährlich, du begibst dich in große Gefahr, sagte ich, ich habe Angst, dass du zerstört wirst. Das war wohl eine falsche Reaktion. Wie feinfühlig von mir! Er rannte – im wahrsten Sinne des Wortes – davon. Ich konnte meinen Mund nicht halten! Ich hasse verliebte Menschen. Er war wirklich nicht mehr der Levent von früher, der die Sicherheit der Beziehung zu seiner Freundin einst höher eingeschätzt hatte als mit einer aufregenden, orientalischen Schönheit zusammenzukommen, weil diese sehr viel komplizierter, unzuverlässiger, unkonventioneller war; er hatte Angst vor dem Risiko gehabt.
Nein, dieser Levent schien benebelt, wie auf Drogen zu sein. So wie früher, als er zu viel gekifft hatte. Wenn man jeden Tag kifft, versinkt man in Stumpfheit, man kriegt nichts auf die Reihe, man verschließt sich in einer eigenen Welt, allerdings in einer Welt, die dir nichts lehrt, die dir nichts bringt, die dich lähmt. Manche behaupten, das Kiffen bringt sie näher zu sich selbst. Das ist Schwachsinn. Es entfernt dich von dir. Genauso wie der Alkohol. Wenn ich übermäßig kiffe oder trinke, kann ich am nächsten Tag gar nicht oder kaum lesen, schreiben oder nachdenken. Ich bin gefangen in den Ereignissen des vergangenen Abends, in diesen sinnlosen Gedankenkreisläufen, ich fühle mich matt und unfähig, etwas zu tun.
Naja, andererseits ist es schön, über die Stränge zu schlagen, doch es gibt Zeiten, in denen man besser rein und bei sich selbst ist. So etwas macht dich noch glücklicher als solche Substanzen. Aber diesen Zustand zu erreichen ist sehr viel mühsamer als diese Mittel zu konsumieren. Und manchmal ist es sogar fast unmöglich...
Levent rannte davon und ich hatte noch immer keine Informationen. Ich ging nach Hause, überlegte, was ich über Tobi herauskriegen könnte und wie. Mir fiel aber nichts ein, in solchen Dingen bin ich völlig unkreativ und unbegabt. Ich meine, wie schaffen die das in den Filmen und Kriminalromanen?
Ich rief bei Levents Schwester an, fragte, ob er nach Hause gekommen sei, nein, sagte sie, und ich erzählte ihr, dass er gerade bei mir gewesen sei und vermutlich zu Stefanie gehe. Dann besuchen wir sie dort, forderte sie mich auf, auf dem Weg könnten wir ja noch ein bisschen über ihn reden. Ich holte sie ab. Ich erzählte von dem Abend, an dem wir Stefanie und Tobias kennengelernt hatten, wie sich Levent in das Mädchen verliebte, wie wir die beiden im Zug nach Hause getroffen hatten, was er bei unseren letzten Treffen gesagt hatte und natürlich erzählte ich ihr auch das, was mir Christine gebeichtet hatte. Dann kamen wir an dem Haus an, klingelten. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Nichts regte sich, keiner öffnete uns. Obwohl wir leise Geräusche hörten. Vielleicht rächte sich Tobi für unsere Unverschämtheit vor einigen Tagen - oder wollte Levent uns nicht hineinlassen? Sie waren auf jeden Fall da. Wir klingelten weitere drei Mal. Nichts. Levents Schwester hatte Papier und Stift dabei, schrieb auf das Blatt: Melde dich mal zuhause, wir machen uns Sorgen, Ipek; schob ihn unter der Tür durch. Wir gingen in die Stadt, tranken im „Esperanza“ Kaffee, unterhielten uns über meine Theorien über Tobias und Stefanie, Ipek wurde immer unruhiger, meinte, dass das in ihr Bild passe, ihr Bruder habe sich in den letzten Tagen sichtlich verändert, versprühe eine kalte, verstörende Stimmung, ihre Mutter glaubte gar, er habe den bösen Blick bekommen. Die Familie von Levent versuchte ihn von dem Bann zu erlösen, doch sie konnten nichts tun, wenn er nicht nach Hause kommt, sie brauchten seine Anwesenheit dazu. Wie macht ihr das? fragte ich. Doch sie wollte nichts davon erzählen. Dann fragte ich sie nach ihrer künstlerischen Karriere. Dieses schwarzhaarige, dunkelbraunäugige, zierliche Mädchen hatte einiges drauf. Spielte Violine, schauspielerte und betätigte sich als Kulissenmalerin. Trotz ihrer Talente blieb sie sehr bescheiden und ruhig. Nach einer Weile hatte sie mir alles Erzählenswerte mitgeteilt und wir beschlossen, es noch einmal bei Tobias zu probieren, doch es war zwecklos.
So machte ich mich auf den Weg zu Christian, ins Krankenhaus. Als ich die Straße zu diesem überqueren wollte, sah ich, wie ein blonder Junge, vielleicht fünf Jahre alt, fast in ein Auto gerannt wäre, der Fahrer reagierte blitzschnell und konnte gerade noch ausweichen, zum Glück gab es gerade keinen Gegenverkehr, es hätte einen Frontalzusammenprall gegeben. Gibt es Schutzengel? Der Fahrer parkte sein Auto und stieg aus, lief zu dem Kind, das verschreckt in den Armen seiner Mutter lag. Er erkundigte sich nach dem Empfinden, die Mutter umarmte ihn überschwänglich, danach ging er wieder an seinen Wagen und fuhr davon...

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