Serienjunkie (astikos Blog)


Insgesamt 15 volle Tage, 11 Stunden und 34 Minuten. Das ist die Zeit, die mir die Seite www.tiii.me ausrechnet, als ich eingebe, alle Staffeln von Dexter, Lost, The West Wing, Breaking Bad und Game of Thrones gesehen zu haben. 15 Tage, 11 Stunden, 34 Minuten - und das sind nur fünf der unzähligen Serien, die ich in den letzten Jahren fast wie im Rausch angeschaut habe. In der Reihe “Die Welt von astikos” möchten wir urbane Phänomene beschreiben: Ich glaube, ich bin nicht der einzige, der sich Serien-Junkie nennen kann.

“Nur noch eine Folge, es ist gerade so spannend, nur noch eine Folge!” So oft denke ich mir das, wenn ich gerade im Serien-Konsum bin. Aus einer Episode, die ich vor dem Schlafen gehen anschauen wollte, werden zwei, dann drei, manchmal auch vier oder fünf. Je nachdem wie spannend es ist. Ein paar Tage ohne eine Folge der aktuellen Serie: Uff, das ist wohl kaum auszuhalten! Ich fühle mich wie auf Entzug. Wenn es jemand wagt, mich kurz vor dem Cliffhanger aus meiner Konzentration herauszureißen, wird nicht gerade mit Wohlwollen oder Liebe von mir überschüttet. Ans Telefon gehe ich in dieser Zeit sowieso nicht, Emails und Nachrichten werden ganz sicher nicht beantwortet.

Serienzeit ist Entspannungszeit ist Feelgood-Time, um es mal Neudeutsch auszudrücken. Wenn ich Serien schaue, dann fühle ich mich seelenruhig, kann ich in andere Welten eintauchen - fast wie beim Buch lesen. Jetzt werden manche aufhorchen, sogar stutzig werden. Dies ist hier ein Verlagsblog, hier sollen Bücher angepriesen und verkauft werden. Serien schauen schließt das Bücherlesen nicht aus. Die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen genau diese Stärken, die (amerikanische) Serien von HBO, CBS, ABC, Netflix und Co. haben, sonst in Büchern wiederfinden. Die Geschichten, die hier erzählt werden, sind vielschichtig, komplex, sie werden langsam aufgebaut, die Charaktere werden minutiös eingeführt und entwickelt. Der wichtigste Punkt vielleicht: Sie erreichen die Zuschauer/innen emotional! Gut gemachte Serien schaffen es, Menschen gefühlstechnisch zu involvieren.

Simone Bauer schrieb in einem Artikel, dass der Serien-Konsum mehr als alles andere den Psychoanalytiker ersetze. Wir könnten sie wieder und wieder aufsuchen wie den Analytiker, sie haben eine bestimmte Dauer, man kann sich dazu auf ein Sofa legen und diese Zeit ist sogar (fast) gratis. (http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/medien/warum_sind_wir_suechtig_nach_serien/)


Sie weist ebenso daraufhin, dass fast überall auf der Welt diese Serien bekannt seien und man ergo ein geeignetes Thema zum Small Talk habe. Und tatsächlich: Ich rede mit den unterschiedlichen Menschen so viel öfter und mehr über Serien als über Bücher - selbst mit Menschen, die was mit Büchern machen. Wenn mir in Gesprächen so gar nichts mehr einfällt: dann rede ich über mein Lieblingsthema.

In der Süddeutschen Zeitung las ich Ende Januar von einer Studie, die an der University of Texas gemacht wurde: Die Kommunikationswissenschaftlerin Wei-Na Lee machte eine Umfrage mit 316 Versuchsteilnehmern zwischen 18 und 29 Jahren. Nach ihren Angaben schauten 75 % bis zu drei Stunden, 14 % konnten sogar erst nach fünf Stunden aufhören. Das klingt viel, ist es auch. Ihrer Meinung nach bedarf es weiterer Studien. Ihr Verdacht ist jedenfalls, dass die Kombination aus fesselnden Fernsehserien und einer geringen Selbstkontrolle besonders gefährlich sei. Die Einschätzung, dass hoher Serienkonsum  harmlos sei, findet sie nicht haltbar. (http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/suechtig-nach-tv-serien-glotzen-bis-zum-morgengrauen-1.2326536)

15 Tage, 11 Stunden, 34 Minuten - alleine bei fünf meiner Lieblingsserien. Dabei könnte ich nun einige weitere (viele, viele) Serien aufzählen. Wie viele Wochen und Monate habe ich also mit Serien schauen verbracht? Natürlich wird dieses Phänomen von Streaming Diensten (und deren Abo-Modellen) wie Watchever, Maxdome, Netflix und Amazon Prime Instant Video forciert, das ist klar. Man muss nicht mal mehr aufstehen, um zur Videothek zu gehen, ein paar wenige Klicks und man kann weiter schauen. Ich hatte wirklich eine lange Zeit keine Serien mehr angeschaut, weil ich keine Lust hatte, eine ganze Woche auf die Fortsetzung zu warten, aber jetzt …


Wie ist euer Serienverhalten? Was lässt sich über unseren Konsum aussagen? Nach meiner Beobachtung gibt es zum Beispiel geschlechtsspezifische Unterschiede beim Serienkonsum: Downton Abbey oder Sherlock werden oft von Frauen bevorzugt, manche Girlie- und Vampirserien ebenso (ich liebte die Gilmore Girls, sonst war das eher ein Frauen-Phänomen), Dexter, True Detective oder Breaking Bad werden wohl eher von Männern bevorzugt. Das ist allerdings nicht wirklich empirisch. Es würde mich interessieren, was ihr dazu sagt. Überhaupt: ich würde mich sehr freuen, wenn astikos in diesem Jahr etwas über Serien-Junkies veröffentlichen könnte …

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